Das Alte stürzt, es ändert sich die Zeit,
und neues Leben blüht aus den Ruinen.
Friedrich Schiller
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Zitate zum Thema Veränderung finden sich in vielfältiger Weise. Wenig gehört so sicher zum Leben von uns Menschen, Gesellschaften und Verbänden wie sie. Und so geschieht es, dass sich am ersten Juniwochenende dieses Jahres Vertreter der Landesverbände des BDFA, die Ausrichter der Bundesfilmfestivals sowie der BDFA-Vorstand treffen, um im Land des Wirkens Friedrich Schillers die wohl folgenreichsten Reformen und Neuerungen auf den Weg zu bringen, die der BDFA seit Jahren gesehen hat.
Ab der Festivalsaison 2016/2017 ergeben sich nun einschneidende Veränderungen, die einerseits wichtige Weichen für die Zukunft stellen und andererseits den Landesverbänden größtmöglichen Spielraum geben werden.
Das Hotel und Restaurant Kurhaus im Zentrum Bad Salzungens, in dem Urlauber mit Tretbooten über den idyllischen Burgsee fahren, durch die thüringische Innenstadt streunen oder auf der ausladenden Terrasse des Restaurants den Tag einen guten Mann sein lassen. Ganz anders sieht es allerdings in den Räumen aus, in denen mal getrennt, mal zusammen, der BDFA-Vorstand, die Ausrichter der Bundesfilmfestivals oder die Vertreter der Landesverbände, die allesamt vertreten waren, um die neuen Konzepte ringen, teils aus der Feder des Vorstands, der BDFA-Querdenker oder aus den jeweiligen Ländern stammend. Es geht wild durcheinander am Freitagabend und Samstagvormittag: Stimmen erheben sich, Unvorstellbares wird formuliert, manchen steigt die Zornesröte ins Gesicht und andere würdigen sich für mehrere Stunden keines Blickes mehr. Trotz zumeist sachlicher und konstruktiver Atmosphäre: Wer am Samstagvormittag bei der Sitzung aller dabei ist, kann sich kaum vorstellen, wie noch am selbigen Tage ein für alle tragfähiger Kompromiss der neuen Wettbewerbsstruktur geboren werden soll. Nun lehrt aber das Leben, dass viele Dinge nicht ganz so heiß verzehrt werden, wie sie eben gekocht werden und dass es eben auch normal ist, dass es krachen kann, wenn Traditionen mit Reformen aufeinandertreffen. Schon am frühen Morgen wurden nahezu alle Teilnehmer der Tagung aus dem Bett gedonnert, als sich ein kräftiges Gewitter über Bad Salzungen entlud. Warme, schwüle Luft war auf eine frische kühle Brise getroffen und hatte Blitz und Donner verursacht, wie sie sinnbildlicher kaum sein können. Es war sozusagen der Einstieg in diesen für den Verband vielleicht wichtigsten Tag seit Jahren.
Viele Unwetter aber verziehen sich ebenso schnell, wie sie gekommen sind und ein wohltuender, erfrischender Luftzug setzt ein. Was noch am frühen Nachmittag des 06. Juni 2015 als unrealistisch angesehen werden musste, ist dann gegen 18 Uhr unter Dach und Fach. Ab der Saison 2016/2017 verabschiedet sich der Verband von seinen vielfachen Filmgenres und kennt nur noch Dokumentarfilm, Naturfilm, Spielfilm, Videoclip, Experiment und Animation, ganz so, wie es überall sonst gehandhabt wird (mit Ausnahme des Naturfilms). Fiction und Non-Fiction also. Kleinere Landesverbände wie Schleswig-Holstein, Niedersachsen, Mecklenburg-Vorpommern, Berlin/Brandenburg, Sachsen, Thüringen, Hessen, Rheinland-Pfalz und das Saarland schließen sich zu Wettbewerbsbereichen zusammen, von denen es zukünftig insgesamt sechs in Deutschland geben wird.
Diese beliefern die zukünftigen drei Dokumentarfilm-Bundesfilmfestivals (3 x 100 Minuten), ein Natur-Bundesfilmfestival (1 x 90 Minuten) und ein Fiction-Bundesfilmfestival (1 x 100 Minuten). Also 490 Minuten insgesamt. Nicht genutzte Filmkontingente, die in der Praxis ohnehin nicht allzu oft auftreten werden, können in einen Pool vergeben werden, in den weitere Filme von den Landesverbänden nominiert werden können. Aus diesem kann sich dann ein BFF-Ausrichter bedienen. Für alle BFF-Medaillen ist in Zukunft wieder die qualifizierte Mehrheit, also mindestens vier von fünf Jurorenstimmen nötig. Ein Bundesfilmfestival fasst damit zukünftig maximal 600 Minuten Film (BFF Natur 540 Minuten) und meldet jeweils 120 Minuten zu den Deutschen Filmfestspielen. Ausnahme ist das Bundesfilmfestival Natur mit 80 Minuten. Die Kontingente waren nötig geworden, da das alleinige Nominierungskonzept der Querdenker auf Landesebene nahezu geschlossen abgelehnt wurde.
“Die richtigen und wichtigen Signale für die Zukunft” nannte dann auch Präsident Klaus Werner Voß die Beschlüsse, die nun auf den Weg gebracht seien, auch wenn noch einige folgen müssten. Die Querdenker sowie alle im Verband sollten sich weiterhin Gedanken machen, wie sie den Verband in Zukunft gestalten möchten, der ja mit vielerlei strukturellen Problemen kämpft. “Die Reform der Wettbewerbe kann nur der Anfang des Prozesses sein”, so Voß in Bad Salzungen. Auch das Fazit sämtlicher Teilnehmer fiel dann, wenn auch etwas erschöpft, sehr positiv aus. Den Zusammenschluss verschiedener Landesverbände in Wettbewerbsfragen empfinden gerade diese als richtig, konsequent und zukunftsweisend. Die Länder hätten weiterhin völlige Gestaltungsfreiheit ihrer Kontingente, so die Vertreter. Große Erleichterung auch bei den Ausrichtern der Bundesfilmfestivals. Durch die Reduzierung und Kontingentierung der BFFs würden diese nicht mehr regelrecht erschlagen von Filmen, wie zuletzt das BFF Dokumentarfilm in Bad Liebenstein, das in diesem Jahr wieder 900 Minuten Film bis nach Mitternacht projizieren musste. Zwar würden in Zukunft weniger Filme auf Bundesfilmfestivals gelangen, doch erhöht sich damit die Gesamtqualität aller dort gezeigten Beiträge für das Publikum. Mit dem Pool haben Ausrichter zudem einen kleinen, wenn auch bedeutenden Einfluss auf die Gestaltung des Programms ihrer Festivals.
Dem einen gingen die Reformen nicht weit genug, für andere hingegen war es ein gerade noch hinzunehmender Kompromiss. Aber in Zeiten des Mitgliederrückgangs, der Auflösung vieler Filmclubs aus Altersgründen und dem daraus resultierenden Mangel an schlagkräftigen Ausrichterteams für Bundesfilmfestivals sind die Neuerungen eine Konsequenz, die mittlerweile selbst die größten Traditionalisten im Verband anerkennen, so schien es in Bad Salzungen. Das Abendessen am Samstag verlief dann auch in ruhiger und entspannter Atmosphäre. Und die vergangenen Stunden des mühsamen Ringens um die Zukunft des Vereins waren nur noch
als entferntes Wetterleuchten erkennbar, das durch die thüringische Nacht blitzte.
Die Protokolle, Entschlüsse und besser verständlichen graphischen Darstellungen der Neuerungen wurden bereits an alle Teilnehmer versendet. Zu Ihrer ausführlichen Information wenden Sie sich bitte an Ihren jeweiligen Landesverband oder fordern Sie diese für alle zugänglichen Unterlagen an unter: marcus.siebler@bdfa.de. Sie finden Sie ebenfalls im Mitgliederbereich auf der Webpage www.bdfa.de.
Text und Fotos: Marcus Siebler