Ein Festival der besonderen Art
7. Nationales Einladungsfestival “2016: Die Besten” mit Gold-Filmen echter Filmamateure in Mönchengladbach
TEXT + FOTOS: ULRICH HOHENFORST
Erster Advent 2016. Volles Haus zur Matinee im Carl-Orff-Saal der Mönchengladbacher Musikschule. Das Licht wird dunkler, Spotlight an. Justus Strickling (17), mehrfacher Bundessieger bei “Jugend musiziert”, betritt die mit viel Grün und Weihnachtssternen festlich dekorierte Bühne. Mit einem virtuosen Stück auf seinem Knopfakkordeon eröffnet er ein Filmfestival der ganz besonderen Art: das Einladungsfestival “2016: Die Besten”. Seit 2010 setzt der Mönchengladbacher Filmklub “Objektiv” e.V. mit dieser Veranstaltung einen glänzenden Jahresabschluss im BDFA-Terminkalender.
Die Philosophie des Festivals ist einfach und anspruchsvoll zugleich. Vier Gold-Autoren der letzten Deutschen Filmfestspiele DAFF sollen mit ihren Filmen noch einmal richtig gefeiert werden. Eine in Bild und Ton perfekte Filmprojektion und eine fast schon professionelle Veranstaltungsregie sorgen dafür, dass dem auch in diesem Jahr wieder begeisterten und sehr sensibel mitgehenden Publikum demonstriert wird, zu welchen eindrucksvollen filmischen Leistungen echte Filmamateure imstande sind. Studenten- oder semiprofessionelle Filme haben die Mönchengladbacher Objektivisten von einer Nominierung ausdrücklich ausgeschlossen.

Die Nominierungen für das Festival legt der ausrichtende Klub grundsätzlich in die Hände eines BDFA-Expertengremiums aus Juroren und Autoren, die unabhängig voneinander Vorschläge einreichen. Wichtigstes Auswahlkriterium: vorgeschlagene Filme müssen mit “Gold” in ihrer Kategorie zu den DAFF gekommen sein. In diesem Jahr kamen die Vorschläge von Erik Jäger (Vorsitzender LV NRW), Klaus Krafft (BDFA-Archiv), Manfred Riep (Dortmund), Reiner Urban (Vorsitzender LV Bayern) und Ex-BDFA-Präsident Klaus Werner Voß (Dortmund).
Nach Auswertung der Vorschlagslisten lagen folgende Filme an der Spitze und wurden eingeladen: “Ein Dorf wird braun” von Frank Lauter (Filmclub Hohenlohe), “Hütte 5” von Manfred Friedrich (Filmclub Bad Lippspringe), “Auch ohne Einstein?” von Prof. Dr. Gerhard Kreysa (Wiesbadener Filmkreis) und “Eis und heiß – auf hohem Niveau” von Toni Ackstaller (Ebersberg, BDFA-Einzelmitglied).
FESTIVAL WÖRTLICH GENOMMEN
Übrigens: In sieben Jahren hat noch nie ein Autor abgelehnt, seinen Film nach Mönchengladbach zu begleiten. Inzwischen hat sich herumgesprochen, dass bei “Die Besten” das Wort FEST-ival wörtlich genommen wird. Jeder Autor wird nach der Projektion seines Films dem Publikum von Klubleiter Gerhard Comelli in einem kleinen Bühnengespräch vorgestellt. Abschließend erhält er aus der Hand eines lokalen VIP und Filmpaten die Erinnerungsgabe des Festivals, ein handgefertigtes gläsernes Windlicht mit eingraviertem “Objektiv”-Klublogo. Der Gedanke für die Windlichtgabe bezieht sich auf sinnreich auf das erste Licht, das am 1. Advent angezündet wird.

Inzwischen ist es schon zur Regel geworden, dass die Filmpaten bei der Übergabe des Windlichtes das Gespräch mit zwei, drei Fragen fortsetzen. Welchen Stellenwert das Festival in Mönchengladbach selbst besitzt, belegt am ehesten die Tatsache, dass von Beginn an der Oberbürgermeister der Schirmherr des Festivals und zugleich auch Filmpate des Eröffnungsfilms ist. Für Oberbürgermeister Hans Wilhelm Reiners, seit gut drei Jahren im Amt, ist es darüber hinaus eine Selbstverständlichkeit, sich alle Filme anzusehen. In diesem Jahr schaltete er sich sogar noch einmal ins Schlussbild der Veranstaltung ein und übergab jedem Autor noch einen gerade erschienenen Mönchengladbach-Bildband als Geschenk.
AUTOREN ALS GÄSTE GEFEIERT
“Objektiv”-Klubleiter Gerhard Comelli beschreibt die Besonderheit des Festivals: “Zur tollen Stimmung trägt wahrscheinlich bei, dass es bei uns keinen Wettbewerbsstress gibt. Wir möchten lediglich ein Wochenende lang die Autoren feiern und auf Händen tragen”. Und das macht man in Mönchengladbach überzeugend. So sind alle Autoren mit Ihren Ehe-Partnern während des ganzen Wochenendes Gäste des Klubs. Schon bei der Ankunft im Hotel finden sie eine kleine süße Begrüßung auf ihren Zimmern. Am Samstagnachmittag zeigt der Klub ihnen ein paar geheime Glanzlichter der Stadt. Dieses Mal wurde beispielsweise extra für die Autoren das neue Textiltechnik-Museum aufgeschlossen. In früheren Zeiten galt Mönchengladbach als das “Rheinische Manchester”. Danach ging es zu einer kleinen Barockkirche im Ortsteil Wickrathberg. Hier endete die Besichtigung mit einem kleinen Überraschungskonzert: Eva-Dörnenburg-Diller, Professorin für Violine und gleichzeitig Klubmitglied, spielte mit dem Kantor der City-Kirche Stücke von J.S. Bach. Für das traditionelle festliche Abendessen im kleinen Kreis hatte man dieses Mal den Odenkirchener Burgturm gemietet. Bei vorzüglichem Essen und guten Weinen konnten sich hier alle auch reichlich über das Filmen und den BDFA austauschen.
MIT VIEL HERZ DER „OBJEKTIVISTEN“
Ein solches Festival-Projekt ist ohne externe Förderung nie zu schaffen. Seit Jahren sichern die Stadtsparkasse Mönchengladbach, die NEW AG als größter Energieversorger der Region und die IT-Firma PK Office das finanzielle Risiko des Festivals. Wenn die Mönchengladbacher “Objektivisten” es auch noch schaffen, eine solche Veranstaltung mit großer Leichtigkeit durchzuführen, stecken dahinter immer viel, viel Arbeit, das weiß jeder mit Veranstaltungserfahrung, und gleichzeitig viel Herz für den Amateurfilm. Letzteres vermittelt auch der Schluss der Veranstaltung: Beim Verlassen des Saals werden die Zuschauer im Foyer der Musikschule noch einmal mit Akkordeonklängen verabschiedet. Und Klubleiter Gerhard Comelli sammelte die Autoren um sich, um sie vor ihrer teils langen Heimreise noch zu einem kräftigenden Mittagessen “beim Argentinier” einzuladen.